11 Dezember 2006

Bilbao + San Sebastián

Nach dreistündiger Busfahrt kam ich dann am Donnerstagabend auf meiner letzten Station meiner Mini-Rundreise durch Spanien an – und zwar in Bilbao im schönen Baskenland. Ich war gespannt, ob man auch im öffentlichen Leben etwas vom schon seit Jahrzehnten andauernden Bestreben nach Unabhängigkeit des Baskenlandes und dem damit in Zusammenhang stehenden „Freiheitskampf“ der spanischen Untergrund-Organisation ETA merken würde. Doch nichts, rein gar nichts – die Menschen hier sind genauso freundlich wie überall sonst in Spanien auch (wenn auch etwas zurückhaltender und nicht ganz so offen, sie bleiben lieber „unter sich“). Auch dass man nun einen besonderen Patriotismus hier vorfinden würde, kann ich (mit meinem oberflächlichen Blick) nicht bestätigen – das öffentliche Bild wird nicht mal durch eine Auszeichnung der Schilder oder Geschäfte in einer anderen Sprache (wie z.B. in Katalonien per Gesetz verordnet) „gestört“; obgleich Baskisch bzw. „Euskara“ – welches insofern äußerst interessant ist, als dass es mit keiner anderen Sprache verwandt ist - existiert und auch gesprochen wird.

Genug der Vorrede – nachdem ich also aus dem Bus ausgestiegen war, fuhr ich mit der Metro gut 15 Minuten zu einer mit meinem nächsten (wieder über Couchsurfing gefundenen) Host vereinbarten Station, wo er dann auch schon auf mich wartete. Und wieder hatte ich einen echten Volltreffer gelandet. Mein nächster Host war Gary, ein Engländer aus der Nähe von Norwich, der jetzt seit einem Jahr in Bilbao lebt. Er arbeitet dort als Englisch-Lehrer und nutzt die Gelegenheit, um sein Spanisch aufzupolieren. Dabei kommt ihm zugute, dass er sich mit 2 Argentiniern und 1 Spanierin (alle ungefähr mein Alter) eine Wohnung teilt - und was für eine! Erstmal ist die Bude riesig mit einer herrlich großen Küche und einem noch größeren Wohnzimmer (zusätzlich hat jeder Mitbewohner natürlich sein eigenes Zimmer), zudem kommt noch ein Dachgeschoss. Und dann der Ausblick – wenn man aus dem Wohnzimmer-Fenster guckt, kann man auf einen kleinen Hafen, Strand und natürlich den Ozean schauen – Wahnsinn! Das ganze kostet ihn grad mal die Hälfte von dem, was ich hier in Madrid bezahle… Unumstrittener König der WG ist aber „Mono“ (zu deutsch: Affe *haha*), ein kleiner, knapp 1-jähriger Hund, der die ganze WG auf Trab hält. Der hat mich dann auch oft früh (also so gegen 10) erstmal abgeschlabbert, weil ich im Wohnzimmer, wo ich auf einer (1,60 x 2 m) großen Matratze geschlafen hab, natürlich leichte „Beute“ für ihn war :-). Gary ist übrigens Vegetarier, aber nicht aus Überzeugung weil ihm die Tiere so leid tun, sondern es ist mehr oder weniger eine Marotte geworden; inzwischen hat er gemerkt, dass er auch ganz gut (oder sogar besser) ohne Fleisch auskommen kann. Dafür macht er sich aber jeden Tag die Mühe, ausgiebig und mit den erlesensten Zutaten zu kochen. Die 3 Tage konnte ich mich von seinen Kochkünsten überzeugen; wir haben eigentlich immer früh (auch da gab’s oft schon was Warmes, und immer frisch gepressten Orangensaft) und abends zusammen gegessen.

Am ersten „richtigen“ Tag in Bilbao, also am Freitag, hatte Gary frei, und machte von sich aus den Vorschlag, ob wir nicht zusammen in seinem Auto nach San Sebastián fahren wollten (wo er selbst vorher auch noch nie war). Perfekt, da war ich natürlich sofort dabei – hatte ich doch vor meiner Reise noch überlegt, in welche der beiden baskischen Städte ich fahre (und mich, trotz dem San Sebastián gemeinhin als das touristisch attraktivere Städtchen gilt, für Bilbao entschieden) – und nun konnte ich praktisch 2 Fliegen mit einer Klappe schlagen. So schnappten wir uns noch Mono, für den das Ganze natürlich auch ein willkommenes Abenteuer war – und ab ging’s die rund 100 km nach San Sebastián. Dort machten wir einen Bummel durch die Altstadt, gingen ein Stück an der Küste mit sehr stürmischer See sowie später am Strand entlang und schließlich fuhren wir noch mit einer Seilbahn auf einen Hügel hinauf, auf dem sich ein kleiner Vergnügungspark befindet und von dem aus man die „schönste Aussicht der Welt“ hat, wie man dort oben an einem Schild lesen kann. Zwischendurch haben wir uns natürlich auch ein paar leckere Tapas in zwei Bars schmecken lassen, die besonders lecker waren – nicht umsonst genießt San Sebastián den Ruf, dass hier die besten Köche und die beste Küche Spaniens zu finden sind. Es war jedenfalls ein rundum gelungener Ausflug, und dementsprechend kaputt waren wir auch, als wir nach Hause kamen.

Am nächsten Tag erkundete ich dann auf eigene Faust Bilbao, da Gary vormittags Unterricht gab. Ich muss sagen, dass mir vom Stadtbild und der Landschaft Bilbao fast noch besser als Barcelona gefallen hat – alles ist grün, sehr sauber und gepflegt. Bilbao ist natürlich auch herrlich gelegen entlang eines Flusses, der im Norden Bilbaos in den Atlantischen Ozean mündet, und eingerahmt von grün bewachsenen Bergen. Dazu ist es bei weitem nicht so dicht besiedelt wie eine richtige Großstadt, sodass alles etwas familiärer wirkt, aber eben nicht Dorfcharakter hat. Also eine Stadt, in der ich mir ohne weiteres gut vorstellen könnte, zu leben (mal abgesehen davon dass ich etwas wärmere Gegenden mit mehr Sonne dann doch bevorzugen würde). Das Baskenland ist eine der wohlhabendsten Gegenden Spaniens, und das sieht man auch. Andererseits ist Bilbao damit auch nicht gerade eine Party-Hochburg, die Leute pflegen ihr Arbeiter-Image ;-) und sind wie schon erwähnt etwas reservierter, was aber eben keinesfalls als unfreundlich missverstanden werden sollte. Hauptsehenswürdigkeit (und vielmehr gibt’s dann eigentlich auch schon gar nicht) ist das Guggenheim-Museum, welches schon allein durch sein spektakuläres Äußeres ins Auge sticht. Da jener Samstag doch ziemlich verregnet war, verbrachte ich dann auch gut 4 Stunden in eben diesem Museum und schaute mir alle 3 Etagen sowohl mit den Dauerausstellungen sowie der aktuellen Ausstellung mit Exponaten afrikanischer Künstler an. Gerade letzteres war ganz interessant, wohingegen mich die Dauerausstellungen nicht wirklich vom Hocker rissen. Wie dem auch sei, abends trafen wir uns wieder mit Gary, um eine Show junger Künstler in einem Theater anzuschauen (wo u.a. seine spanische Mitbewohnerin teilnahm). Das Spektrum reichte von spektakulärer Akrobatik über Jonglieren und Zaubertricks, und durchs knapp 3-stündige Programm wurde von 2 Clowns geführt. Alles war nur semi-professionell, aber irgendwie machte das die ganze Sache so gut, und das überwiegend junge Publikum (18 bis 30 Jahre alt) quittierte etliche Darbietungen mit tosenden Applaus und begeisterten Zwischenrufen – eine sehr gelungene Veranstaltung. Anschließend gingen wir noch mit ein paar weiteren Freunden Garys in eine Halle, wo sich die ganzen gerade aufgetretenen „Künstler“ und jede Menge Leute mehr zur „After-Show-Party“ trafen und an weiteren Kunststückchen feilten oder einfach nur ein paar Bierchen und andere Genussmittel ;-) zu sich nahmen.

Und tags darauf war dann auch schon Sonntag und somit mein vorerst letzter „Ferientag“, an dem ich nach der langen Nacht zuvor erstmal ausschlief. Nach einem letzten gemeinsamen Essen verabschiedete ich mich von Gary, und lief noch für 2 Stunden durch die Altstadt, bevor es dann am frühen Abend per Bus wieder zurück nach Madrid ging, wo ich schließlich gegen 11 Uhr eintraf. Jetzt heißt es noch mal 2 Wochen arbeiten, bevor es für 1 Woche über Weihnachten in den wohlverdienten „Heimaturlaub“ nach Deutschland geht.