Stierkampf in Las Ventas
Vergangenes Wochenende blieb ich in Madrid, da zum einen eine kleine Abschiedsparty von und für Martin geplant war, für den Freitagabend der (vorerst) letzte in Spanien war - und zum anderen sollte es Sonntag dann auch mal zum Stierkampf gehen. Die Party war ursprünglich in unserer WG geplant – doch ausgerechnet an besagtem Abend tauchte so ein Handlanger unserer Vermieterin auf, der prompt alle Partyabsichten im Keim erstickte. Das bedeutete für unsere bis dahin ca. 25 Mann starke Truppe „Umzug“ auf einen kleinen Platz nahe Tribunal, wo dann (verbotenerweise *g*) öffentlich dem Alkohol gefrönt wurde. Dies war wohl auch Hauptursache dafür, dass wir mit der Zeit den anfangs noch unüberriechbaren Urinduft (wo gehobelt wird fallen halt auch Späne) irgendwann nicht mehr wahrnahmen ;). War zwar nicht die perfekte Party aber anscheinend trotzdem ganz gut – zumindest hatte ich soviel getrunken dass ich mal wieder einen meiner „berüchtigten“ Blackouts verzeichnen konnte und somit die letzten Stunden unserer kleinen Sause nicht mehr rekonstruieren kann. Aber bis jetzt is ja immer noch alles jut gejange ;). Samstag hab ich dann ziemlich durchgehangen, und der geplante Besuch einiger Bars und Clubs mit
Zu den eigentlichen Kämpfen will ich mal meine nüchterne Sicht (ohne irgendwelche netten Ausschmückungen) der in meinen Augen doch recht makabren Angelegenheit schildern (also zartbesaitete Gemüter sollten diesen Absatz am besten überspringen; genauso würd ich denen empfehlen, euch nicht die entsprechenden Videos anzuschauen). Jeder Kampf läuft nach dem gleichen Muster in mehreren Phasen ab – detailliertere Informationen gibt´s hier. Kurze Zusammenfassung: Nachdem der Stier die Arena betreten hat (was übrigens ein imposanter Anblick ist - schließlich wiegt jeder weit über eine halbe Tonne), wird er zunächst müde gemacht, indem er immer wieder von anderen „Helfern“ gelockt wird. Auf die stürzt er sich dann, jedoch können sich diese, wenn es brenzlig wird, hinter Wände zurückziehen. Dann kommen zwei Reiter auf gepanzerten Pferden (denen die Augen verbunden sind) in die Arena, und sobald der Stier sich darauf stürzt und sich mit seinen Hörnern im Panzer vergräbt, wird eine Lanze hinter seinem Kopf (die Stelle wird schon vor dem Kampf durch ein angebrachtes Bändchen markiert) eingebohrt, damit der Stier später den Kopf gesenkt hält. Dann kommen die Pikadore, die je 3 mal 2 Spieße in den Nacken des Stieres spießen, nachdem dieser auf sie zugerannt kommt (das ist schon eine sehr wagemutige Angelegenheit). Der Stier ist nach all diesen Malträtierungen schon ziemlich mitgenommen, sprich blutet oft schon sehr stark aus dem Nacken und atmet sehr tief. Doch nur so ist es für den Torrero möglich, seine ganzen Figuren mit dem Stier einigermaßen ungefährdet durchzuführen. Nun läuft der Stier also immer wieder auf den Torrero - oder besser gesagt auf das von ihm bewegte Tuch (welches übrigens keinesfalls rot sein muss, da der Stier nur auf die Bewegung reagiert; das ehemals weiße Tuch wurde eher aus ästhetischen Grunden durch das rote Tuch ersetzt, weil es halt schon meist eine ganz schöne Sauerei ist, sprich viel Blut fließt). Der letzte Akt ist dann das Töten des Stieres, welches möglichst durch das gezielte Versenken eines Dolches hinter dem Kopf des anstürmenden Stieres durch den Torrero erfolgt. Dieser ist jedoch nicht sofort tot, sondern es dauert noch ca. (bestenfalls) 30 Sekunden, wo er von mehreren Leuten eingekreist wird, bis er schließlich zusammensackt. Manchmal ist auch nochmal ein zweiter Dolch vonnöten (ein Torrero konnte gar nicht und brauchte sage und schreibe 4 Versuche bis der Dolch endlich im Stier stecken blieb und endlich nicht daneben ging). Zu guter letzt wird der meist immer noch zuckende Stier mittels mehreren Messerstichen in den Kopf endgültig getötet – eine für mich wirklich eklige Angelegenheit, bei der ich froh war, dass wir nicht ganz nah dran saßen. Schließlich kommen 3 Pferde rein und schleifen den toten Stier aus der Arena. Ein paar Mädels neben uns konnten ihre Tränen angesichts dieser Szenen nicht zurückhalten (allerdings sollte man dann vielleicht wirklich besser gar nicht erst zu sowas hingehen), und sie verließen die Arena dann auch nach dem ersten Stier. Ich hab auch überlegt, nach 3 Stieren zu gehen – aber letztendlich haben wir uns das Ganze dann doch bis zum letzten Stier angeguckt. Leider habe ich trotzdem nicht wirklich mitbekommen, was nun genau die Kriterien für einen guten Kampf (bzw. Stier und Torrero) sind – obwohl die Reaktionen der Zuschauer von Jubelstürmen über rhythmisches Klatschen bis hin zu Buhrufen und Aufforderung zum Austauschen der Stiere und des Torreos reichte. Ein Stier war (angeblich) so schlecht (ich hab wie gesagt keinen Unterschied gesehen), dass er (nach dem Anpieksen in den Nacken) nach Aufforderung durch die Zuschauer verschont wurde (später ist er natürlich trotzdem draußen umgebracht worden). Dazu wurden eine Herde Kühe in die Manege geschickt, die sich in die Mitte der Arena begaben und dann langsam auf den Stier zugingen – und wie von Geisterhand gezogen ging der Stier tatsächlich wieder zurück in den Ausgang (verblüffend, hab bis jetzt nicht kapiert wie das funktionierte).
Nicht dass hier ein falscher Eindruck aufkommt: Ich will das Ganze, was ja wie gesagt schon jahrhunderte lange Tradition in Spanien ist, nicht verurteilen. Wer seinen Spaß daran hat, kann gerne hingehen. Aber für mich ist das keine Form von Unterhaltung, sondern mehr oder weniger ein öffentliches Abschlachten der Tiere (so nett es auch verpackt sein mag als „Kunst“ oder Sport). Aber in Spanien scheint man zu diesem Thema eh 'ne andere Einstellung zu haben: Da kam doch neulich in den Abendnachrichten (gegen 20 Uhr) ein Bericht über Israel und wie die Leute sich dort bekämpfen. Dazu Videoaufnahmen der kämpfenden Parteien - wie mit Gewehren auf andere geschossen und sich dann wieder hinter irgendwelchen Mauern versteckt wird (soweit wie in Deutschland). Aber plötzlich eine Szene, die mich echt geschockt hat: Ohne irgendwelche Zensur wurde gezeigt, wie einer dieser Schützen selbst von einer Kugel mitten in seinen Körper getroffen wird und wie er auf der Stelle tot zusammensackt - sowas hab ich in Deutschland noch nie in den Nachrichten gesehen (und da bin ich eigentlich auch ganz froh drüber)... Zurück zum Stierkampf: Man sieht, wie der Stier um sein Leben kämpft, doch sein Schicksal (sprich Tod) ist halt von Anfang an besiegelt. Die Stiere würden normalerweise auch bevorzugen, nicht zu kämpfen und eher den Torreros aus dem Weg gehen. Man sieht das gerade am Anfang, wenn die Stiere in die Arena kommen – dann blicken sie sich verzweifelt nach einem Ausgang um, bis sie schließlich so gereizt werden, dass sie schließlich auf die Leute in der Arena losgehen. Immerhin haben sie bis zu ihrem (in meinen Augen qualvollen Tod) ein gutes Leben gehabt – normale Kampfstiere sind ca. 4 Jahre draußen auf der Weide (im Gegensatz zu ihren in Massentierhaltung gehaltenen und in Ställen eingepferchten Artgenossen, die zum Verzehr bestimmt sind), und bekommen das beste Futter was man sich vorstellen kann. Nun möge jeder selbst entscheiden was er für das „bessere“ Leben hält. Meine Entscheidung, zum Stierkampf zu gehen, bereue ich nicht – aber noch mal muss ich das auch nicht haben.
3 Comments:
Ähm... Wie soll ich sagen, also ich bin durch nen Zufall auf dein Blog gestoßen, wollte eigentlich im Inet die Termine für die Stierkämpfe suchen... Naja, hab mir deinen Bericht über den Stierkampf ma durchgelesen, interessant ;).
Bin zurzeit auch in Madrid, schon seit Februar...
Naja, das wars denn auch ;) . Hasta Luego, Wenke
Na das is ja'n Ding (also ich meine dass du auch in Madrid bist) - bin bloß leider seit 3 Wochen schon wieder daheim in Dresden. Aber mal sehen, vielleicht komm ich ja noch ma l vorbei - hab ja noch den ein oder anderen Kontakt dort ;-). Pasalo bien,
Matze
Hi Matze
Bin beim Stöbern nach Karten für nen Stierkampf über deinen Artikel gestolpert. Wirklich aufschlussreich. Aber ansehen werde ich es mir auch mal und dann mal schauen, was ich davon halte. Bin Ende des Monats in Madrid und wenn alle das EM-Endspiel sehen, gehe ich zum Stierkampf. Falls dann auch einer stattfindet.
Vielen Danke für den Artikel.
Gruß
www.tanzmusik-wolfgang-reis.de
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